Ortsgeschichte: Gemeine Niefern-Öschelbronn

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Geschichte der Gemeinde Niefern-Öschelbronn

Am 1. August 1971 schlossen sich die bis dahin selbstständige Gemeinden Niefern und Öschelbronn freiwillig zusammen. Am 18. November 1971 wurden die Gemeinden in "Niefern-Öschelbronn" umbenannt.

Mit einer Gemarkungsfläche von 2202 ha hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem bedingt durch seine außerordentlich günstige Verkehrslage an der B 10, Autobahnanschluss mit Tank- und Rastanlage, zwei Landesstraßen, Bahnhof an der Strecke Karlsruhe – Stuttgart, zum bedeutenden Industrieort mit rd. 4.000 Arbeitsplätzen entwickelt.

Ortsteil Niefern

Die Gemarkung Niefern ist seit uralten Zeiten besiedelt, da außer römischen und fränkischen auch vorgeschichtliche Spuren gefunden wurden in Niefern auch vorgeschichtliche Spuren gefunden.

Lange war man der Meinung, dass der Name "Niefern", der erstmals in den Jahren 1082 bis 1091, zur Zeit des Hirsauer Reformabtes Wilhelm, in den Schenkungsbüchern des Klosters Hirsau schriftlich überliefert ist, von "Neuefähre" (von  ahd. = niu fara) hergeleitet wurde. Neuere Geschichtsforscher gehen allerdings davon aus, das Niefern, wie auch "Enz" und "Nagold" keltischen Ursprungs sei.

Das von jenem Wilhelm gegründete Priorat Reichenbach im oberen Murgtal erhielt auf seine Anweisung "praedia", d.h. Güter, in "Nievern" übertragen. Die aus dem Besitz des Grafen Alwig I. von Sulz, dessen Bruders Herrmann, des Grafen Burghard von Staufenberg und anderer Adeliger stammten. Bis ins 14. Jahrhundert blieb das Kloster Hirsau ein wichtiger Grundbesitzer in Niefern und bewirtschaftete hier auch ein Klostergut.

Neben den Benediktinermönchen wurde 1486 mit der Nennung eines "Heinricus de Nievern" (Heinrich von Niefern) in einer Urkunde Kaiser Friedrichs I. ein Ortsadel erwähnt, der auch Herr der Burg Enzberg war und im Dienst der Bischöfe von Speyer stand. Seine Linie lässt sich während des 12. und 13. Jahrhunderts in vielen Schriftzeugnissen nachweisen. Enzberg als württtembergisches Dorf gehörte kirchlich bis 1818 zu Baden, die Bewohner kamen hierher zum Gottesdienst, wurden hier getauft, getraut und auch begraben.

Merkwürdigerweise erscheint ab 1276 neben der Schreibweise "von Niefern" auch die Herkunftsbezeichnung "de Hohennievern". So fungierte beispielsweise ein "Heinricus de Hohennievern dictus Troescheller" als Zeuge in einer Urkunde des Markgrafen Rudolf d. Ä. Demnach hat es in Niefern zwei Burgen gegeben, deren eine die im 16. Jahrhundert erbaut Tiefburg (Niefernburg), die Zeiten überdauert hat, während von "Hohenniefern" jede Spur fehlt.

Bereits im 15. Jahrhundert müssen die Herren von Niefern, die auch in Nöttingen, Kieselbronn und Königsbach begütert waren, ohne Nachkommen ausgestorben sein. Ihre Rechtsnachfolge traten die aus dem gleichen Stamm hervorgegangenen Herren von Enzberg an, die wiederum 1438 große Besitzanteile veräußerten und sich an die obere Donau nach Mühlheim zurückzogen. Bereits 1390 hatte Wolf von Niefern seinen Viertelanteil an die Vogtei an die Zisterzienserabtei Maulbronn verkauft, die ihn bis 1482 innehatte und dann an die Markgrafschaft abstieß.

Das von den Enzbergern 1454 dem Markgrafen Karl I. übertragene zweite Viertel der Nieferner Vogtei erhielten diese zunächst wieder zu Lehen, bevor es 1506 durch Verkauf an Konrad von Wallstein gelangte.

Die Familie Wallstein oder Waldstein, ein Geschlecht aus der Gegend von Hausach im Kinzigtal, zählte zu den fürstenbergischen Lehensleuten und erwarb Anfang des 16. Jahrhunderts systematisch Enzbergischen und Niefernschen Besitz.

Seit Ende des 15. Jahrhunderts befand sich die andere Hälfte der Vogtei in den Händen der aus Kappelwindeck bei Bühl gebürtigen Familie von Bach und kam dort 1510 durch Verkauf an das Haus Baden. Was Markgraf Christoph I. nicht mehr vergönnt war, erreichte sein Sohn Philipp: 1529 erwarb er das letzte Viertel der Nieferner Vogtei von den Wallsteinern.

Markgraf Karl II. schenkte 1555 seinem Kanzler Martin Amelius (Achtsynit) für seine Verdienste um die Reformation den Ort mit samt dem alten Burgstadel an der Enz. Jener Amelius erbaute die Niefernburg "von Grund uff" und versah sie mit Wirtschaftsgebäuden, Säge- und Mahlmühle. Noch heute erinnert der Ameliussaal in der Kirnbachhalle an diesen bedeutenden Nieferner.

Während des Dreißigjährigen Krieges wurden allein durch die Pest zwei Drittel der Bevölkerung hinweggerafft.

Niefern war sehr arm und durch seine Lage an der Grenze von Baden und Württemberg zusätzlich im Nachteil. 1672 griff der Markgraf von Baden helfend ein und richtete eine "Papiermühle" in der Sägemühle der Niefernburg ein.

Ins 19. Jahrhundert fallen die ersten Anfänge der heute bedeutenden Industrie der Gemeinde, doch erst mit dem Wachstum der Pforzheimer Industrie ging es auch in Niefern merklich aufwärts.

In die vom Staat auf Abbruch verkaufte Niefernburg zog 1857 ein evangelisches Waisenhaus ein. Später wurde sie für lange Jahre Mädchenerziehungsheim und untersteht heute der inneren Mission als offenes Mädchenwohnheim.

Ortsteil Öschelbronn

Nach dem großen Brand in Öschelbronn 1933 stieß man im Ortskern auf die Spuren eines römischen Gutshofes, der durch Sträßchen mit dem römischen Pforzheim und nach Osten mit der Furt bei Dürrmenz verbunden war.

Öschelbronn wird in frühen Aufzeichnungen "Nessenbrunn" genannt, was auf die alemannische Sippensiedlung eines "Nesso" hindeutet. Später änderte sich die Schreibweise in "Eschenbronn" = Brunnen bei den Eschen und Öschelbronn.

Schon 835 kam der Ort im Lorscher Codex vor. Er hatte viele Herren, darunter das Kloster Maulbronn. Mit ihm kam Öschelbronn 1504 zu Württemberg und erst 1810 wurde der Ort, durch die napoleonische Gebietsreform badisch.

Begünstigt durch seine "Schüssellage" wurde Öschelbronn häufig Opfer von verheerenden Feuerbrünsten. 1609, 1852, 1909, 1911 und 1933 wurde der Ort von Brandkatastrophen heimgesucht. 1852 brannte auch die Kirche mit ab. Das evangelische Gotteshaus St. Georg wurde in seiner heutigen Form anschließend erbaut.

Bei der letzten großen Katastrophe brannten im Jahr 1933 203 Häuser ab. Der Wiederaufbau im fränkisch-alemannischen Fachwerkstil prägt bis heute das Ortsbild der Gemeinde.

Der Schanzengraben (Eppinger Linie), der 1695 / 97 unter dem Markgrafen von Ludwig von Baden, dem "Türkenlouis", zum Schutz gegen die Franzosen ausgehoben wurden ist im Abschnitt Niefern-Öschelbronn noch sehr gut erhalten. Beginnend bei der Waldschanze (Gemarkung Niefern) zieht er über den Tannenberg zum Wald "Steckhof" (Gemarkung Öschelbronn) In Richtung Mühlacker und weiter bis nach Eppingen.

Obwohl auch die Öschelbronner schon früh von der Industrialisierung Pforzheims profitierten, blieb die Gemeinde bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts ländlich geprägt. In den letzten Jahrzehnten allerdings erhielt das Dorf - nicht zuletzt durch die neu ausgewiesenen Baugebiete und viele "Reig'schmeckte" - die Prägung als beliebte Wohngemeinde.

Traditionell findet in Öschelbronn vierteljährlich ein klassischer Krämermarkt statt.

Der älteste Landesgrenzstein auf der Gemarkung Niefern-Öschelbronn

Es ist nicht der, wie im Schlussbericht der Lokalen Agenda von 2017 genannte Stein aus dem Jahr 1588. Dieser stand auf dem Grenzabschnitt von der Bräuningsmühle  hinauf zum Lärchenweg (Badische Grenze vor 1810). Seit März 2017 erinnert nur ein topographischer Grenzpunkt an das Original. Der restaurierte Stein ist im Rathaus Niefern ausgestellt.

Jetzt fand Mathias Rosbund vom HAV-Mühlacker einen noch älteren Grenzstein an der alten Badischen Grenze auf dem Grenzabschnitt am unteren Enzberg; im Bereich vom Lattenwald hinunter zur Enz. Dieser Abschnitt ist abenteuerlich steil; ein Geröll Feld, das teilweise auch mit Dornengestrüpp überwuchert ist.

Dieser Stein fasziniert durch seine Ursprünglichkeit! Erstaunlich schön ist die herausgearbeitete Jahreszahl 1579, der Buchstabe B für Baden, der Nieferner Enten- /Gänsefuß mit Sporn und die Steinnummer 188.

Die Rückseite zeigt das Fleckenzeichen von Enzberg in einer seltenen Variante; zwei konzentrische Kreise, das W für Württemberg und ebenfalls die Steinnummer 188.

 

Winfried Schneider (Niefern) & Mathias Rosbund (Dürrmenz)